„Eine zukunftsgerichtete Infrastruktur denken“, so lautet der Vortrag von Frank Mastiaux, Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, zur 2. Erfurter Zukunftsrede am 19. Mai 2022, 18:00 in der Kaufmannskirche in Erfurt. Nach der Rede sind eine moderierte Diskussion sowie ein Empfang geplant.
Vi-Strategie sucht bereits im Vorfeld einen ersten Meinungsaustausch zum Thema. Hier die Einschätzung von Dr.-Ing. Dirk Schramm, Geschäftsführender Gesellschafter Ingenieurbüro für Energiewirtschaft Dr.-Ing. Dirk Schramm GmbH (17):

Dr.-Ing. Dirk Schramm, Geschäftsführender Gesellschafter Ingenieurbüro für Energie-wirtschaft Dr.-Ing. Dirk Schramm GmbH,
Foto: IfE.
Für die zukünftige Entwicklung der Energienetze, unter anderem in den Bereichen Strom, Gas- und Fernwärme, müssen vollkommen neue sektorübergreifende Maßnahmen ergriffen werden. Für mich als beratender Ingenieur gehört dazu auch der Mut, eingefahrene Gleise zu verlassen, Handlungen der Vergangenheit zu überdenken und ganz neue Wege zu beschreiten. Dabei gilt es, bereits vorhandene Infrastrukturen zukunftsfähig zu machen und an die neuen Erfordernisse anzupassen.
Die durch Greta Thunberg im Jahr 2018 angestoßene öffentlichkeitswirksame Protestbewegung gegen die globale Erwärmung, ebenso wie die seit dem zweiten Quartal 2021 stark steigenden Preise für Strom- und Erdgaslieferungen und die spürbaren Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben nach eigener Wahrnehmung die Notwendigkeit und auch die Herangehensweise an Transformationsprozesse hin zur Dekarbonisierung auf eine völlig neue Stufe gehoben.
In der Vergangenheit durch unser Unternehmen durchgeführte Studien und einzelne beispielhafte Projekte mit dem Ziel der Dekarbonisierung haben gezeigt, dass nicht nur theoretisch die Möglichkeit besteht, eine klimafreundliche Zukunft zu gestalten, sondern dass solche Projekte durchaus wirtschaftlich darstellbar sind. Unter den aktuellen Gegebenheiten erst recht!
Auf die Eigner der o. g. Infrastrukturen, wie der Strom-, Gas- und Fernwärmenetze, kommt damit eine Mammutaufgabe zu. Die Netze müssen bis 2030 fit gemacht werden für ein neues Energiesystem und eine neue Erzeuger- und Verbraucherlandschaft.
Im Detail: „Ohne Wärmewende – keine Energiewende“. In einigen Regionen Ostdeutschlands mit spürbarem Bevölkerungsrückgang sind hohe Investitionen notwendig, um damit die Fernwärmenetze auf den zukünftigen Verbrauch anzupassen.
Für diese notwendigen Investitionen sind dringend Fördermittel notwendig, da diese zusätzlichen Kosten durch die noch vorhandenen Kunden kaum getragen werden können.
Auch die deutschen Stromnetze stehen vor einer Zerreißprobe. Zum einen steht hier der notwendige Aus- und Umbau der Netze im Vordergrund, die im Zuge der Energiewende einen zukünftig stark steigenden Anteil dezentraler Erzeugungsleistungen aus erneuerbaren Energieanlagen aufnehmen müssen. Zum anderen ist die Anpassung der Infrastruktur notwendig, über die möglichst alles gleichzeitig bzw. über einen sehr kurzen Zeitraum geregelt werden muss.
Um diese Aufgaben in der gesetzten Zeit bewältigen zu können, bedarf es
- qualifizierter Arbeitskräfte und Unternehmen,
- neuer Ausbildungsberufe und angepasster Studieninhalte sowie
- der Verfügbarkeit benötigter Anlagen und Bauteile zu vernünftigen Marktpreisen.
Bei allem Handlungsdruck und aller Notwendigkeit darf man vorhandene Realitäten und Gegebenheiten nicht aus den Augen verlieren. Für die notwendige Transformation des Energiesystems ist ein tiefgreifender Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft, die Aneignung neuer Lebens- und Verhaltensweisen und ein Zusammenwirken aller Beteiligten notwendig!
Das alte Zitat vom Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe ist meines Erachtens hierfür sehr passend:
„Es ist nicht genug zu wissen – man muss es auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen – man muss es auch tun.“
Dr.-Ing. Dirk Schramm: Curriculum Vitae
Seit August 1993 ist Dirk Schramm freiberuflich mit seinem eigenen Unternehmen im Bereich der Energiewirtschaft als Beratender Ingenieur tätig.
Seine berufliche Laufbahn begann er 1992 bei der Südthüringer Energieversorgung AG (heute TEAG), nach Berufsausbildung und Studium der Elektrotechnik/Elektrische Bahnen und Promotion zum Doktor-Ingenieur.
1998 schloss er ein berufsbegleitendes Studium an einer Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie als Betriebswirt ab.
Als geschäftsführender Gesellschafter der IfE GmbH mit Sitz in Steinbach-Hallenberg werden heute mit über 40 Mitarbeitern nahezu 100 Strom- und Erdgasnetze regulatorisch als Backoffice-Dienstleister unterstützt.
Neben der regulatorischen Sparte werden auch im Bereich der Energieeffizienz Industrieunternehmen, öffentliche Unternehmen, u. a. auch Stadtwerke, bei der Transformation ihrer Energieversorgung unterstützt.
Als End to End-Dienstleister gehört die Fördermittelberatung im Bereich der Energieeffizienz dazu.
Neben der beruflichen Arbeit ist Dirk Schramm ehrenamtlich in vielfältiger Weise engagiert.
An der Hochschule Schmalkalden ist er seit 2008 Lehrbeauftragter für Energiemanagement.
Mit der Hochschule Schmalkalden gemeinsam wurde ein Zertifikatsstudiengang „Regulierungsmanager*in (FH)“ entwickelt, der in 2022 bereits zum vierten Mal starten wird.
Weiterhin ist er Mitglied der Vollversammlung bei der IHK Südthüringen und hier auch Vorsitzender des Ausschusses Energie & Umwelt.
Die IHK Südthüringen vertritt Dirk Schramm auch im Ausschuss Energie und Umwelt des DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag).