„Eine zukunftsgerichtete Infrastruktur denken“, so lautet der Vortrag von Dr. Frank Mastiaux Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg AG am 19. Mai 2022, 18:00 in der Kaufmannskirche in Erfurt (siehe AKTUELLES vom 18. März 2022).
Die Infrastruktur in Deutschland wird sich in den nächsten Jahren grundlegend verändern müssen. Das gilt sowohl für die Gestaltung und Auslegung der Anlagen, wie auch ihr Zusammenspiel.
Das gilt zudem für die Geschwindigkeit und das Vorgehen bei Projektplanungen und Projektumsetzungen, wie auch für die Abstimmung der handelnden Akteure.
Das ist Anlass für AKTUELLES, im Vorfeld der Rede von Frank Mastiaux eine Diskussion (siehe auch AKTUELLES vom 22.03.2022) anzuregen.
Was macht eine zukunftsfähige Infrastruktur aus? Welche gesellschaftlichen Notwendigkeiten sind zu beachten? Wie steht es um Sicherheit, ständige Verfügbarkeit oder Finanzierbarkeit? Was erwartet die Gesellschaft, was der Gesellschafter von einem Infrastrukturunternehmen in der Zukunft? Wie kann neues Denken in Sachen Infrastruktur entwickelt werden? – Das sind nur einige der Fragen, die dabei Erörterung finden sollen.
AKTUELLES bietet Leistungsträgern verschiedener Bereiche Gelegenheit, ihre Sicht zu beschreiben.
Nachfolgend die Einschätzung von Dr. Oliver Rottmann, Geschäftsführender Vorstand des KOWID – Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. sowie Geschäftsführer des KOMKIS – Kompetenzzentrum für kommunale Infrastruktur Sachsen, beides Universität Leipzig:

Dr. Oliver Rottmann, Geschäftsführender Vorstand des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e. V. an der Universität Leipzig und Mitglied des MDEG-Beirat.
Notwendige smarte und zukunftsfähige Infrastrukturansätze gibt es zahlreiche: Energiewende und Klimaschutz, Urbanisierung, Digitalisierung oder der demografische Wandel.
Zusätzlich hat die Corona-Pandemie das urbane Leben und damit auch die Umsetzung smarter Stadtkonzepte herausgefordert. So wurden verschiedene Bereiche mehr und mehr vernetzt.
Die Digitalisierung funktioniert bekanntermaßen unzureichend. Hier fehlt es in einigen Regionen Deutschlands noch an Basisinfrastrukturen wie dem flächendeckenden Breitbandausbau. Aber es gibt neben der Basisinfrastrukturverbesserung zahlreiche weitere Ansätze hin zu einer zukunftsfähigen Transformation der Infrastrukturen:
So bietet der Bereich Mobilität Potenziale für Smart-City-Strategien, bspw. um durch intelligente Verkehrssteuerung die Lärm- und Schadstoffemissionen zu begrenzen und den ÖPNV zu verbessern. Der Ausbau des Verkehrsnetzes, höhere Taktfrequenzen, längere Bedienzeiten sowie bessere und vernetzte Service- und Informationsangebote (bspw. Mobilitäts-Apps).
Ferner gilt es, die bestehende Verkehrsinfrastruktur auf die sich ändernde Nachfrage anzupassen. So müssen Verkehrskonzepte in einem integrierten Stadtentwicklungskonzept nicht nur mit dem bestehenden Flächenkonflikt und der Dekarbonisierung des Verkehrssektors umgehen, sondern auch mit einem mitunter raschen Wandel der Mobilitätsnachfrage. Konkret bedeutet dies die Dominanz eines Verkehrsträgers zu überwinden, indem die Verkehrsinfrastruktur diversifiziert und deren Vernetzung befördert wird. Dies ist nur langfristig möglich, da der Lebenszyklus von Verkehrsinfrastruktur teils mehrere Dekaden umfasst und Investitionen sowie Instandhaltung eine erhebliche Belastung für die öffentlichen Haushalte darstellt.
Auch die Energieversorgung hat großes „smartes“ Potenzial; die einzelnen Energiesysteme zu einem Gesamtsystem zusammenzufassen (Sektorenkopplung).
Auch wenn die Energiewende in Deutschland die drei notwendigen Felder Strom, Wärme und Mobilität umfasst und darin der Umbau der Energieerzeugung von konventionellen hin zu erneuerbaren Energieträgern für die Produktion von Strom und Wärme den Nukleus bildet, ist der Bereich der Kreislaufwirtschaft nicht zu vernachlässigen. Ein Bereich, der massive Klimaschutzchancen aufweist, aber aufgrund seines Querschnittscharakters noch zu wenig Beachtung findet. Hier gilt es, durch Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcennutzung, Potenziale in Zukunft zu heben, um einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Dr. rer. pol. Oliver Rottmann: Curriculum Vitae (Kurzfassung)
Studium
1999-2004
Studium der Volkswirtschaftslehre (Spezialisierung Finanzwissenschaft) an der Technischen Universität Chemnitz
Berufstätigkeit
1997-1999
Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel bei der Thyssen-Schulte GmbH
2001
Stud. Mitarbeiter am Lehrstuhl Personal und Führung der TU Chemnitz
2003-2004
Stud. Mitarbeiter am Lehrstuhl Mikroökonomik der TU Chemnitz
2003
Praxiseinsatz am Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit
2004
Praxiseinsatz am Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Arbeitsgruppe: Klimapolitik der Bundesregierung, Umwelt und Energie
Tutor am Lehrstuhl Finanzwissenschaft der TU Chemnitz
2005
Wiss. Mitarbeiter am Institut für Institutionelle und Sozialökonomie der Universität Bremen
2005-2009
Wiss. Mitarbeiter am Institut für Öff. Finanzen und Public Management der Universität Leipzig
2010-2014
Geschäftsführer ÖPP Kompetenzzentrum Sachsen
seit 2009
Geschäftsführender Vorstand des KOWID – Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V.
2010
Promotion zum Dr. rer. pol.
seit 2011
Gastprofessur Universität Lyon, Frankreich
2013-2017
Mitglied im Wiss. Beirat des bvöd Bundesverbands öffentliche Dienstleistungen, Deutsche Sektion des CEEP e.V.
2013-2016
Stv. Vorstand P/S/R Institut Wien
2013-2016
Of Counsel Freygner attorney-at-law, Wien/Berlin/Brüssel/Leipzig
2016
Lehrauftrag Universität St. Gallen, Managing Infrastructure Assets
seit 2017
Stv. Vorsitzender/Präsidiumsmitglied des Wiss. Beirats des BVÖD,
Deutsche Sektion des CEEP
seit 2019
Geschäftsführer KOMKIS – Kompetenzzentrum Kommunale Infrastruktur Sachsen an der Universität Leipzig
seit 2021
Mitglied im Wiss. Beirat des VÖWG – Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs
Arbeitsschwerpunkte:
Public Services, Öff. Unternehmen, PPP, Infrastrukturökonomie
Mitgliedschaften:
CDU Wirtschaftsrat
SPD Wirtschaftsforum
Freiherr-vom Stein-Gesellschaft