„Eine zukunftsgerichtete Infrastruktur denken“, so lautet der Vortrag von Frank Mastiaux, Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, zur 2. Erfurter Zukunftsrede am 19. Mai 2022, 18:00 in der Kaufmannskirche in Erfurt. Nach der Rede sind eine moderierte Diskussion sowie ein Empfang geplant. Vi-Strategie sucht bereits im Vorfeld einen ersten Meinungsaustausch zum Thema.
Hier die Sicht von Dirk Panter, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag (19):

Dirk Panter, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag,
Foto: Stefan Kraft.
Der Ausbau erneuerbarer Energien ist heute nicht mehr nur eine klima- und umweltpolitische Notwendigkeit – er ist inzwischen auch wirtschaftlich unverzichtbar. Intel hat sich erst vor Kurzem dagegen entschieden, einen neuen Standort in Dresden aufzubauen. Wer bei der zugehörigen Pressekonferenz zwischen den Zeilen lesen konnte, der hat verstanden: Die Versorgung mit 100% grünem Strom war Intel wichtig. In Sachsen wäre das nicht gesichert gewesen. Dass Sachsens Infrastruktur nicht modern genug ausgebaut ist, erweist sich als handfester Standortnachteil. Und das gilt nicht nur für erneuerbare Energien: es gilt auch für schnelles Internet, nachhaltige Transportwege, bezahlbares Wohnen in Stadt und Land, gute Bildung und eine starke Gesundheitsversorgung.
Wie oft heißt es aus dem sächsischen Finanzministerium, das für all das nicht genug Geld da sei? Sachsen ist das Bundesland mit der niedrigsten Pro-Kopf-Verschuldung und der besten Pensions-Vorsorge aller Bundesländer – aber trotzdem scheint es manchen wichtiger, die verbliebenen Kredite zu tilgen und in Inflationszeiten Geld auf die hohe Kante zu legen, als in die Zukunft zu investieren.
Wenn wir der Meinung sind, dass uns ein gut ausgebautes Stromnetz, schnelles Internet, starker ÖPNV, bessere Radwege und erneuerbare Energien wichtiger sind als eine niedrige Schuldenquote – dann sollte sich diese Prioritätensetzung auch in unserem institutionellen Rahmen wiederfinden.
Es gibt nur wenige erfolgreiche Unternehmer, die auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblicken und sagen können, dass Sie ihre wichtigen Investitionen ohne Kredite gestemmt haben. In der Wirtschaft ist es selbstverständlich, dass aufwendige Investitionen nicht aus der Portokassse bezahlt werden.
In Bund und Ländern geht das nicht, das verhindert die Schuldenbremse. Und Sachsen ist hier Klassenprimus: Wenn wir uns in ganz Deutschland umschauen, dann hat Sachsen in jeder Hinsicht die strengste Schuldenbremse. Die Tilgungsfristen sind irrwitzig kurz und in Konjunkturkrisen ist der Freistaat quasi handlungsunfähig. Wir haben in der Pandemie einen Vorgeschmack darauf bekommen, was das bedeutet – wenn die Wirtschaftskrise nicht durch eine Pandemie ausgelöst worden wäre, hätte die Schuldenbremse keine Konjunkturprogramme zugelassen.
Außerdem leistet Sachsen sich in Zeiten von Negativzinsen und hoher Inflation weiter den Luxus, für Beamtenpensionen der Zukunft Bares zurückzulegen: eine Milliarde Euro, jedes Jahr. Vorsorge ist sinnvoll, wenn sie funktioniert. In Zeiten von realen Negativrenditen wird so aber nicht vorgesorgt, sondern Geld vernichtet. Dann ist Vorsorge nicht sinnvoll, sondern fahrlässig.
Dabei sollten wir gerade jetzt klug investieren, statt Geld zum Fenster rauszuschmeißen: Unsere ganze Wirtschaft ist gerade inmitten eines Umbruchs. Im Schatten von Corona haben sich ganze Wirtschafts- und Industriezweige neu geordnet. Sie haben sich neu ausgerichtet angesichts der Herausforderungen von Klimawandel, Digitalisierung und Automatisierung. Das ist für Ostdeutschland, für Sachsen eine riesengroße Chance.
Bei KI, Elektromobilität oder Wasserstoff beginnen alle mehr oder weniger neu. Wir haben jetzt die Chance, in einigen Wirtschaftszweigen einen „Vorsprung Ost“ zu erreichen. Wenn wir geschickt investieren, dann kann sich Sachsen als deutschland- und europaweit führender Standort in der Elektromobilität, der Wasserstoffwirtschaft, im Bereich der Künstlichen Intelligenz und in der Mikroelektronik etablieren.
Wer noch nicht verstanden hat, wie wichtig dieser Modernisierungsprozess ist, wird zunehmend zu einer Bedrohung für den Wirtschaftsstandort Sachsen. Die notwendige Infrastruktur ist das Rückgrat der Transformation hin zur Klimaneutralität – und sie ist zugleich ihre Achillesferse. Wir müssen diese wichtigen Investitionen angehen, statt uns vor ihnen zu drücken.
Dirk Panter: Curriculum Vitae (Kurzfassung)
Dirk Panter (*7. Februar 1974) ist Mitglied des Sächsischen Landtags sowie seit 2014 Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag.
Während seines Studiums der Verwaltungswissenschaften in Leipzig ist Dirk Panter 1998 in die SPD eingetreten.
Nach seinem Studium arbeitete Dirk Panter als Analyst und Associate bei JP Morgan Chace in London, New York und Frankfurt am Main.
Bevor er 2009 als Abgeordneter des Sächsischen Landtags gewählt wurde, bekleidete Dirk Panter das Amt des Landesgeschäftsführers der SPD Sachsen und war zwischen 2007 und 2015 Generalsekretär der sächsischen Sozialdemokraten.
Neben seiner Tätigkeit im Landtag ist Dirk Panter u.a. seit 2010 Mitglied des Rundfunkrates des MDR und dort Vorsitzender des Haushaltsausschusses.