„Eine zukunftsgerichtete Infrastruktur denken“, so lautet der Vortrag von Dr. Frank Mastiaux, Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, am 19. Mai 2022, 18:00 in der Kaufmannskirche in Erfurt. Nach der Rede sind eine moderierte Diskussion sowie ein Empfang geplant. Vi-Strategie GmbH sucht bereits im Vorfeld einen ersten Meinungsaustausch zum Thema. Nachfolgend die Meinung von Ina Stevens, EBISUblue, Kassel (8):

Ina Stevens im Podium des 17. Mitteldeutschen Energiegespräch.
Foto: Barbara Neumann.

Es muss etwas für den Klimaschutz getan werden. Aber was ist der „richtige“ Weg zur „Treibhausgasneutralität bis 2045“?
Was ist die „optimale“ Energie-Erzeugung, und was die „richtige“ Infrastruktur?
Denn: wir benötigen jetzt zukunftsfähige Entscheidungen über unsere ENERGIE-Netze. In der Praxis zeigt sich aber: die Strom-Experten drängen auf eine Optimierung der Stromnetze, der Gasbranche wird vorgeworfen, „nur“ am Erhalt ihrer fossilen Vormachtstellung interessiert zu sein – und „…natürlich müssen die Wärmenetze ausgebaut werden!“…
Zu Zeiten einer Sektorkopplung 2.0 verwundert das schon… Ist es nicht an der Zeit „ENERGIE-Netze“ ganzheitlich, bzw. systemisch zu denken? Denn dem Verbraucher ist es egal, woher z.B. die Wärme kommt – Hauptsache es wird, bzw. bleibt warm – und das bezahlbar.
Was uns in Deutschland bislang fehlt, ist ein Masterplan, bzw. ein systemischer Ansatz, der die gesamte Energie-Infrastruktur betrachtet – und zwar von der Energie-Erzeugung, über die Verteilung, bis hin zum Verbraucher.
Denn: Warum reden wir z.B. über 400.000 neue Wohneinheiten pro Jahr und Neubaustandards, wenn doch das Gros der Energie im Bestand verbraucht wird? Tatsächlich wäre es z.B. für den Wohnungs-Bestand am einfachsten, die vorhandenen Gasthermen mit grünem Wasserstoff zu betreiben.
Aber, „woher soll denn der ganze Wasserstoff herkommen? (Bzw. „Wasserstoff im Wärmesektor müssen wir unbedingt vermeiden!“)
Lautet die korrekte Frage nicht eher: „Wo sollen denn die ganzen Handwerker für eine All-electric Wärmewende mit Wärmepumpen herkommen?“

Dazu fünf Thesen:

  1. fehlender Sektor-übergreifender Masterplan (für All-electric/NiederTemperatur (NT)-ready/Neubau/Batterie-Fahrzeuge, etc.; wie im Koalitionsvertrag beschrieben)
  2. fehlendes Personal (Energie-Berater/-Planer/Handwerker)
  3. fehlende Qualitätssicherung (dadurch keine zielführende Förderung)
  4. fehlende Strukturen (Energie-Agenturen, Klimaschutz-Beauftragte, ENERGIE-Netze, etc.)
  5. fehlende Bildung (Energie-, Klima-, Nachhaltigkeit-; Bevölkerung/Entscheider)

Ja, vieles ist – zumindest regional – vorhanden, aber eben nicht flächendeckend. Und eine wirkliche Qualitätssicherung in diesem Bereich gibt es bislang nicht.
Es wird höchste Zeit, das zu erkennen und offen zu diskutieren, damit wir bis 2030 gemeinsam eine Lösung herbeiführen können.
Die EBISUblue arbeitet aktuell an einer Matrix, um u.a. Handwerker (bei höheren Umsätzen) quasi „klonen“ zu können und für den Kunden Qualitätsarbeit zu garantieren. Das hilft allen Beteiligten – und dem Klima!

Ina Stevens: Curriculum Vitae (Kurzfassung)

Studium Maschinenbau und Master of Commerce.

Auditor ISO 9001 (Qualitätsmanagement-Systeme), sowie ISO 50001 (Energie-Management Systeme).

Längere Aufenthalte in Japan und Australien. Von 2002-2014 bei der Daimler AG, vorwiegend in der Kostenplanung. Seit 2016 selbständig mit den Schwerpunkten industrielle Energie-Effizienz & internationaler Technologietransfer. Seit 2017 verstärkt im Bereich Wasserstoff-Wirtschaft aktiv.

Mitgliedschaften u.a. im deENet Kompetenznetzwerk dezentrale Energietechnologien, dem Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV), der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Initiative Hessen, sowie dem Deutsch-japanischen Wirtschaftskreis (DJW) und S4F (Scientists for Future).

Was motiviert einen Dipl.-Ing Maschinenbau, sich mit Energiefragen zu beschäftigen?
Die größte Herausforderung für eine zügige Dekarbonisierung der deutschen
Energielandschaft wird die Bereitschaft aller Akteure zur ehrlichen und offenen
Zusammenarbeit sein. Denn vormals aktuelle Fragen, wie z.B. Peak-Oil (wann werden die Öl- Vorräte knapp?) gehören der Vergangenheit an: es gibt tatsächlich noch deutlich mehr Ressourcen, als wir verbrauchen dürfen – wenn wir es mit dem Klimaschutz ernst meinen! Die schwierigste Aufgabe der deutschen „Energiewende“ ist aktuell die Dekarbonisiserung des Wärmesektors: kurz, welche System-Transformationen müssen wir jetzt vorantreiben, damit die Klimaziele 2030 erreicht werden können? (Achtung: 2030 ist bereits in 7,7 Jahren – und es geht gar nicht mehr so sehr um technologische Umsetzbarkeit, sondern vielmehr um gesetzliche Regelwerke, Abschreibungszeiten, etc.)