Am 26. August ab 18 Uhr findet das 20. Mitteldeutsche Energiegespräch/ Innovationsforum BioWasserstoff + BioKonversion Mitteldeutschland (digital) „Biokonversion in Mitteldeutschland – zentraler Baustein für eine postfossile, biobasierte Wirtschaft“ statt. Im Mittelpunkt steht das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Innovationsforum BioH2BK Mitteldeutschland. Experten diskutieren Chancen sowie Perspektiven und zeigen praktische Beispiele auf. Einer dieser Experten ist Olaf Luschnig, Geschäftsführer der BioH2 Umwelt GmbH. Zum 20. MDEG / Innovationsforum BioH2BK Mitteldeutschland wird er über den Stand der BioWasserstoff-Forschung berichten, die Jenaer BioWasserstoff-Fabrik vorstellen und im Anschluss in der BioWasserstoff-Lounge Produkte der BioH2 Umwelt GmbH präsentieren. Aktuelles hat dies zum Anlass genommen, um mit Olaf Luschnig über BioWasserstoff, die Gründung der Bio-H2 Umwelt GmbH, Molke sowie den Amazon Gründer Jeff Bezos und die „Provocative Mediation“ zu sprechen.

Olaf Luschnig, Geschäftsführer der BioH2 Umwelt GmbH, Fotos: Alumatel
Herr Luschnig, wenn man sich mit Ihrer Vita befasst und Einblick in die Rede zu Ihrem runden Geburtstag jüngst nimmt, dann trifft man auf Einschätzungen, wie große Innovationskraft, starker Forschergeist, die Fähigkeit zu begeistern, Optimismus auszustrahlen und dennoch Suchender zu sein. Was ist ausschlaggebend hierfür, wo liegen die Wurzeln, was treibt Sie an, was hat Sie geprägt?
Wie so vieles sind die Ursachen und Handlungsweisen immer auch durch die Kindheit geprägt. Bei mir war es so, dass ich immer hinterfragt habe, was könnte man noch besser machen – und das ist bis heute so geblieben.
Denn wer nicht sein eigenes Tun, seine Handlungsweisen, seine Ideen und Projekte hinterfragt, der wird auf Dauer träge und ideenlos. Denn nichts ist so stetig wie der Wandel.
Wenn man sich also diesem Wandel in unserer heutigen Zeit nicht tagtäglich stellt, dann wird man den wirtschaftlichen und ideellen Anschluss verlieren – und das werde ich auf keinen Fall.
Gelegentlich werden Sie auch mit einem Ausspruch des Amazon Gründer Jeff Bezos in Verbindung gebracht. Er wird zitiert mit den Worten “Das Leben ist zu kurz, um mit Leuten rumzuhängen, die nicht erfinderisch sind”. Wie meinen Sie das, wie sehen Ihre Mitarbeiter diese Aussage?
Ich sehe es so: Wer meine Profession und Ideen auf Dauer nicht mit mir teilen will oder kann, der wird sich früher oder später von selbst verabschieden. Reisende soll man bekanntlich nicht aufhalten. Mit dieser Einstellung bin ich bisher sehr gut gefahren. Dazu habe ich aber immer erst das persönliche Gespräch gesucht und auch gefunden. Unser Team ist stark interdisziplinär. Dies hat den Vorteil, dass ein Chemiker oder Physiker auch in der Diskussion wertvolle Beiträge für die Entwicklung einer speziellen bio-verfahrenstechnischen Anlage beitragen kann. Das sind meistens Lösungen auf die derjenige, der nur sein Fachgebiet beherrscht, nie gekommen wäre.
Einen weiteren Vorteil erzielen wir durch “Provocative Mediation”. Hierbei gibt es in unserem gemeinsamen Brainstorming immer ein bis zwei Personen, die jede Idee infrage stellen. Nur wenn man es schafft, diese Gegenargumente zu entkräften, dann ist es eine wirklich gute Idee. Das geht mitunter ganz schön heiß her.
Sie beschäftigen sich seit etwa 15 Jahren mit BioWasserstoff – Wie kam es dazu?
Im Jahr 2004 lernte ich in Jena eine Forschergruppe kennen. Diese experimentierte in einer Garage mit verschiedenen Zuckerlösungen, um daraus biologisch erzeugten Wasserstoff herzustellen. Als Unternehmensberater und schon erfahrener Netzwerk-Manager nahm ich mich dieser Gruppe an. Schnell wurde klar, dass es nicht nur um das Forschen, sondern vielmehr um eine wirtschaftlich tragfähige Struktur in Form eines Forschungsunternehmens ging.
Vom Forschungsfieber gepackt, wurde ich kurz darauf Geschäftsführer und nach Abschluss der Gründungsphase der leitende Forschungsdirektor des noch jungen Unternehmens Bio-H2 Umwelt GmbH. Durch die Unterstützung des Wirtschaftsministeriums begann unsere BioWasserstoff-Forschung sehr schnell.
Im Jahr 2006 habe ich damit begonnen, aus Molke als Abfallstoff in der Milchindustrie eine vollautomatische und transportable 2 m³ Mehrstufen-Anlage zur Herstellung von BioWasserstoff zu betreiben. Die im Container befindliche Anlage lief anfänglich auch sehr gut an. Daraus ergab sich eine Kooperation mit der FH Erfurt, zumal wir auch die Anlage auf deren Gelände unterbringen konnten. Nachdem aber die Molke als wichtiger Wertstoff (Molke-Drink im Fitnessbereich) erkannt wurde, fehlte mir mein Ausgangsmaterial. Die Anlage wurde vom Milchhof Erfurt zwar übernommen, aber dann doch nicht weiter betrieben. Ich denke, es war damals die weltweit größte Versuchsanlage auf diesem Gebiet.
Nach weltweit großer Euphorie von 2006 bis 2010, unter anderem angefeuert durch die erste nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung, geriet der Energieträger Wasserstoff wieder etwas in Vergessenheit. Die neuen spritsparenden Verbrennungsmotoren und auch die Erwartungen an das Elektroauto und vor allem die noch viel zu niedrigen Energiepreise unserer fossilen Energieträger waren hier aus meiner Sicht die Hauptgründe.
“Gras zu BioWasserstoff” – Wie funktioniert das? Warum Gras? Warum ist BioWasserstoff-Gewinnung wichtig?
Aus einer Tonne Zucker können wir in unserer Anlage 900 m³ reinen Wasserstoff gewinnen. In frischem Gras stecken bis zu 8 Prozent, den wir in speziellen Verfahren aus der Biomasse extrahieren. Wir verwenden als Ausgangsmaterial dabei ausschließlich das Gras, das als Abfallstoff bei den Städten und Kommunen anfällt.
Im Jahr fallen in Deutschland immerhin etwa 19,6 Millionen Tonnen Grasabfall an. Die Städte und Gemeinden müssen dafür teuer bezahlen – je nach Region bis zu 45 € pro Tonne.

Olaf Luschnig bei der Präsentation und Erklärung des BioCutters.
Können Sie bitte kurz das Verfahren, den BioWasserstoff-Gewinnungsprozess beschreiben?
Im Gegensatz zur technischen Elektrolyse, dem in Deutschland gebräuchlichsten Verfahren, verwenden wir die Biomasse als direkten Ausgangsstoff. Wir erhalten so eine Fest- und eine Flüssigphase, die wir nach der Trennung in zwei verschiedene Prozessketten aufspalten.
Sie suchen Partner zur Finanzierung und zum Bau einer Pilot-Anlage einer BioWasserstoff-Fabrik. Wer arbeitet derzeit an diesem Projekt und wer kann da mitmachen?
Mein Team und ich sehen hier mehrere Wege der Finanzierung als Grundlage zur Anlagenoptimierung bis hin zum Bau einer vorkommerziellen Anlage in Jena. Einerseits wollen wir ausländisches Kapital einwerben. Hierzu haben wir uns bei Julien Uhlig mit einer professionellen Präsentation vorgestellt und haben bereits vielversprechende Nachfragen.
Andererseits beteiligen wir uns am Bundesdeutschen Ideenwettbewerb „Wasserstoffrepublik Deutschland“ mit dem Ziel, über das BMWi eine gesunde Projektförderung für eine konkrete F&E-Entwicklung zu erreichen.
Wie ist der Status Quo bei der Entwicklung der Jenaer BioWasserstoff-Fabrik als nachhaltiger Beitrag zur nationalen und internationalen Wasserstoffstrategie?
Wir haben es endlich geschafft, mediale Aufmerksamkeit über die Grenzen Thüringens hinweg durch die Präsenz des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Norbert Barthle (MdB) und dem Innovationsbeauftragten der Bundesregierung für “Grünen Wasserstoff” Herrn Dr. Stefan Kaufmann (MdB) sowie durch Marion Walsmann (MdEP) anlässlich unserer ersten Vorführung zu erreichen.
Dass dabei sofort wieder die Kritiker zu Felde gezogen sind, um zu behaupten, dass unsere Lösung nicht wirtschaftlich wäre, war zu erwarten. Sehr verwundert hat mich hingegen, dass der Freistaat Thüringen so wenig Aufmerksamkeit für unser Projekt – das für Thüringen ein deutliches Alleinstellungsmerkmal innerhalb Deutschlands und darüber hinaus in der Wasserstoffproduktion darstellt – hat. Anscheinend sind ausgetretene Pfade zur Wasserstoffherstellung, also die technische Elektrolyse der Wasseraufspaltung mittels Strom aus nachhaltigen Energiequellen, einfacher zu verstehen, als unsere Lösung mittels stetig verfügbarer Bakterienstämme, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, Biomasse zu kontinuierlich grundlastfähigem, wirklich grünen BioWasserstoff umzuwandeln und das mit deutlich geringeren Übertragungsverlusten. Wir lassen uns davon aber nicht entmutigen.
Wenn man eine Herausforderung sucht, die globales Denken zugrunde legt, inwieweit wirkt sich dies auf lokales Handeln aus?
Das allgemeine Denkmuster „Think global – act local“ ist auch bei mir durch verschiedene Auslandsaktivitäten Handlungsgrundlage.

Der GRÜNWERT-Truck
Wie beurteilen Sie derzeit den aktuellen Stand der Energiewende in Deutschland?
Wenn man die bisherigen wirtschaftlichen Folgen seit 2005 verinnerlicht, also:
- die Verdopplung der Strompreise je kWh in der Industrie um + 95,3%,
- die Strompreisentwicklung der privaten Haushalte um + 62 %,
- die damit einhergehende Wertvernichtung bei den Energiekonzernen,
- Zusatzkosten in Höhe von 160 Mrd. € für Unternehmen und Steuerzahler – und geplante ca. 350 Mrd. € bis 2050,
und im Gegensatz dazu die realen Ergebnisse betrachtet, wie:
- das Nichterreichen der Pariser Klimaziele, da kaum Veränderungen bei den CO2-Emissionen erreicht wurden (Der Verkehrsanteil stieg sogar von 2005 mit 150 Mio. Tonnen CO2 auf 166 Mio. Tonnen CO2 im Jahr 2017, die Industrie-Emissionen blieben im gleichen Zeitraum in etwa gleich mit 50 zu 47 Mio. Tonnen und lediglich die privaten Haushalte reduzierten von 110 auf 92 Mio. Tonnen CO2,
- Forderungen nach unnötigen und naturzerstörenden Energietrassen,
dann muss man summa summarum sagen, dass die Energiewende bisher ein einziges Dilemma darstellt und sich die Politik bisher maßlos überschätzt hat.
Hier zitiere ich gern die Aussage von Herrn Dr. W. Reizle – Aufsichtsratschef von Linde „Die Energiewende ist ein tragisch verlaufendes Desaster. Wir schalten die sichersten Kernkraftwerke der Welt ab und gewinnen dabei nichts für die Sicherheitslage der Bevölkerung. Die unsichersten Kraftwerke wie Tihange in Belgien stehen direkt neben Aachen und bedrohen unsere Bevölkerung viel mehr als jedes deutsche Kernkraftwerk.“
Wie wichtig ist hierbei die internationale Zusammenarbeit?
Wir kommen nicht umhin, endlich konstruktiv international zusammenzuarbeiten, da es nicht reicht, Großveranstaltungen zum Weltklima abzuhalten und dabei wenig messbare Ergebnisse zu erhalten. Die Klimaveränderung schreitet weltweit voran und wird begleitet durch Ressourcenverknappung, eine weiterhin wachsende Weltbevölkerung und damit einhergehend einer Energieverbrauchszunahme.
Das Klima wird nicht in Europa, sondern muss in der Dritten Welt und dabei insbesondere in Afrika “gerettet” werden.
Die Bevölkerungsprognose der UN rechnet für Afrika mit einer Entwicklung von ca. 1,2 Mrd. Menschen 2014 auf 3,5 bis zu 5,5 Mrd. Menschen in 2100, in Asien ist der Anstieg moderater aber auch der Sprung von 4,5 Mrd. Menschen auf bis zu 6 Mrd. Menschen in 2100 ist beachtlich.
Gibt es zu Ihren Wasserstoff-Forschungen ein vergleichbares Projekt auf nationaler oder internationaler Ebene?
NEIN!
Erlauben Sie bitte abschließend die Frage, gibt es einen Forscher, der Sie in Ihrer Arbeit beeinflusst, ja motiviert hat?
Mein Vater, der jahrelang in der Forschung bei Zeiss in Jena gearbeitet hat, war und ist für mich immer Vorbild geblieben. Das hat mich auch dazu motiviert, bei Zeiss anzufangen, was ich bis heute nicht bereut habe, da diese Arbeit auch mit hohem Forschungsanteil mein gesamtes Arbeitsleben bleibend geprägt hat.
Den CEO-Film mit Olaf Luschnig finden Sie HIER.
Den Film zum GRÜNWERT-Truck finden Sie HIER.
Den Film zur BIOWASSERSTOFF-Fabrik finden Sie HIER.
AS

Olaf Luschnig mit Firmenhund.